Garmisch-Meran | © Bergbund Würzburg, Frank Beutel

Alleine zu Fuß über die Alpen

In 10 Tagen von Garmisch nach Meran

11.07.2023

Schon lange hatte ich den Wunsch einer Alpenüberquerung zu Fuß. Ich habe dabei auch eine recht genaue Vorstellung dafür entwickelt, wie ich dieses Unternehmen erleben möchte.

Ich habe also Bedingungen, die mir wichtig waren, an mich selbst gestellt und diese letztlich auch eingehalten. Bedingung 1 : die Überquerung ohne Nutzung von Bahn, Bus oder Lift durchführen. Auch der Rucksack wird immer selbst getragen. Bedingung 2 : keine geführte Tour kaufen, sondern selbstständig planen und gehen. Bedingung 3 : nach Möglichkeit eine Route finden, die noch nicht überlaufen ist. Und da wurde ich dank Internet fündig : es gibt den “L1“, der von Garmisch nach Brescia führt.

Am nördlichen Teil des L1, der von Garmisch bis etwa Zwieselstein im Ötztal führt, habe ich mich orientiert, ohne aber die Etappen exakt abzuwandern. Von Zwieselstein aus bin ich dann über den Alpenhauptkamm in die Texelgruppe gewandert und letztlich nach Meran. Mit An- und Abreise war ich insgesamt 11 Tage unterwegs.

Tag 1 : Anreise am Samstag, 1. Juli 2023, mit der Bahn nach Garmisch. Vom Bahnhof aus wandere ich dann durch die Partnachklamm zur Reintalangerhütte. Diese ist gut belegt, die meisten Gäste wollen wohl am nächsten Tag auf die Zugspitze.

Tag 2 : Es nieselt. Über Knorrhütte, Gatterl, Pestkapelle erreiche ich die Coburger Hütte. Der Nieselregen hat inzwischen aufgehört. Nach einer Pause geht es über die Grünsteinscharte zum Lehnberghaus. Dort bin ich einziger Übernachtungsgast.

Tag 3 : Über die Ortschaft Mieming steige ich ab in‘s Inntal. Nach Überschreitung einer Hängebrücke über den Inn komme ich nach Stams und kaufe im Supermarkt neuen Proviant. Mein heutiges Tagesziel, die Stamser Alm, ist 2023 nicht bewirtschaftet. Das ist mir bekannt, deshalb habe eine leichte Biwakausrüstung dabei und finde einen schönen Platz für meine Übernachtung. Ich habe Glück, die Nacht bleibt trocken.

Tag 4 : Über das Kreuzjoch komme ich nach Kühtai. Verglichen mit der Einsamkeit des gestrigen Nachmittages und des heutigen Vormittages ist es hier sehr lebendig. Nach einer Pause steige ich zur DreiSeenHütte und weiter zur Finstertaler Scharte auf, dabei sind kleine Schneefelder zu queren. Der Schnee ist weich, ich sinke immer wieder ein. Es beginnt zu regnen, als ich zur gut besuchten Schweinfurter Hütte absteige.

Tag 5 : Es wird wieder ruhiger. Über Zwieselbachjoch, Winnebachseehütte, Gries erreiche ich nach einem kurzen Regenschauer die Amberger Hütte. Hier sind nur wenige Übernachtungsgäste.

Tag 6 : Außer mir will noch ein Pärchen und ein Mann dem L1 folgend über das Atterkarjoch nach Sölden. Die Hüttenwirtin schätzt die Verhältnisse als machbar ein, rät uns aber, den Übergang gemeinsam anzugehen. Also befolgen wir diesen Rat auch, erreichen nach Querung eines Schneefeldes die zum Joch führenden Stahlstifte und können oben angekommen eine Pause einlegen. Nach einem langen Abstieg in’s Tal nach Sölden ist der zweite Einkauf in einem Supermarkt fällig. Ich versorge mich Spaghetti, Pesto und Bier, da mein heutiges Tagesziel die Selbstversorgerhütte in Zwieselstein ist.

Tag 7 : Das Wetter wird besser : sonnig und trocken. Nach dem Aufstieg zur Lenzenalm folge ich einem Höhenweg mit Abstieg nach Obergurgl. Von hier erfolgt der nächste Aufstieg über die Schönwieshütte zur gut besuchten Langtalereckhütte.

Tag 8 : Heute ist der Tag der Überschreitung des Alpenhauptkammes, ich wandere aus Tirol nach Südtirol. Das Langtalerjoch ist gletscherfrei begehbar und auf der österreichischen Seite über eine Leiter mit Holzsprossen erreichbar. Auf der italienischen Seite komme ich nach dem Abstieg und kleinem Gegenanstieg zur neu errichteten Stettiner Hütte in der Texelgruppe.

Tag 9 : Nach dem Frühstück besteige ich ohne Rucksack die Hohe Weiße und bin dabei nahezu alleine unterwegs. Zurück an der Stettiner Hütte geht es nach kurzer Pause dann weiter über die Johannes Scharte zur Lodner Hütte. Von dort wandere ich über einen Höhenweg mit toller Aussicht in’s Vinschgau zum Hochganghaus. Hier ist wenig los, ich bin alleine in meinem Schlafraum.

Tag 10 : Auf dem Meraner Höhenweg wandere ich zur Leiteralm, von dort geht es schweißtreibend bergauf und über die Taufenscharte zur Mutspitze. Diese ist gut besucht. Der Abstieg führt mich über den Gasthof Hochmuth und das Dorf Tirol zum Beginn der Tappeiner Promenade. So erreiche ich Meran und die zentral gelegene Jugendherberge.

Tag 11 : Ich gehe zum Bahnhof von Meran und fahre von dort mit dem Bus nach Bozen. Von hier geht es mit der Bahn über München zurück nach Würzburg.

 von Frank Beutel